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Definitionen und methodologische Erläuterungen

Die Beschäftigungsrate, die Aktivitätsrate und die Arbeitslosenrate gehören zu den am häufigsten verwendeten, international anerkannten Indikatoren, wenn es darum geht, sich einen Überblick über die Situation und Entwicklungen am Arbeitsmarkt zu verschaffen.

Allerdings werden für denselben Begriff "Arbeitslosenrate" unterschiedliche Zählweisen angewandt, so dass je nach Quelle der Statistik unterschiedliche Raten für dieselbe Region ausgewiesen werden. Auf internationaler Ebene führen unterschiedliche Gesetze dazu, dass die Arbeitslosenzahlen je nach Land eine andere Realität widerspiegeln. Auch Abänderungen in der Gesetzgebung oder den Zählweisen beeinträchtigen die Vergleichbarkeit der Zahlen im Laufe der Zeit, so dass es wichtig ist, stets die Quelle und Zählweise bei der Interpretation und beim Vergleich von Arbeitslosenraten zu berücksichtigen.

Nachfolgend gehen wir kurz auf die wichtigsten Zählweisen und Quellen ein.

1.  Arbeitslose

Als Arbeitslose gelten Personen, die ohne Beschäftigung sind und eine Arbeit suchen.

Die Arbeitslosenrate ist der prozentuale Anteil der Arbeitslosen an der aktiven Bevölkerung. Die aktive Bevölkerung ist die Summe der Arbeitslosen und der Beschäftigten.

Soweit der gemeinsame Nenner.

a) Definition der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO)

1982 einigten sich die Arbeitsmarktstatistiker des Internationalen Arbeitsorganisation (IAO, auf frz. Bureau International du Travail, BIT) auf eine einheitliche Definition: "Ein Arbeitsloser ist eine Person von 15 Jahren oder mehr, die ohne Arbeit ist, dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht und Arbeit sucht." [1] Diese Personen werden als "IAO-Arbeitslose" bezeichnet.

In der Folge hat die Europäische Union die Definition weiter präzisiert:

  • "ohne Arbeit" bedeutet, dass die Person während der vorangegangenen Woche weniger als eine Stunde gearbeitet hat,
  • "dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen" bedeutet, dass die Person bereit und in der Lage ist, innerhalb von zwei Wochen eine Beschäftigung aufzunehmen,
  • "Arbeit suchen" bedeutet, dass die Person während der vier vorangegangenen Wochen mindestens einmal aktiv nach Arbeit gesucht hat.

Die Zahl der "IAO-Arbeitslosen" kann aufgrund der präzisen Definition nur anhand von Befragungen ermittelt werden. Hierzu wird die sogenannte "Arbeitskräfteerhebung [2]" (AKE) durchgeführt.Vorteil ist, dass diese Definition nicht von der jeweiligen nationalen Gesetzgebung abhängt und die Resultate daher international vergleichbar sind. Allerdings hängt die Zuordnung einer Person zu einer sozio-ökonomischen Situation (beschäftigt-arbeitslos-inaktiv) nicht von der juristischen oder administrativen Situation, sondern von der subjektiven Einschätzung der befragten Person ab. Nicht ausgeschlossen sind auch Irrtümer bei der Stichprobenauswahl und unerwünschte Einflüsse der statistischen Methoden.

Für die Koordinierung und Harmonisierung der von den Mitgliedstaaten durchgeführten Arbeitskräfteerhebungen ist Eurostat verantwortlich, das statistische Amt der EU. Die von Eurostat veröffentlichten Zahlen zur Arbeitslosigkeit basieren also auf diesen Befragungsergebnissen.

In Belgien ist der Föderale Öffentliche Dienst für Wirtschaft, KMU, Mittelstand und Energie [3] mit der Durchführung der Arbeitskräfteerhebung betraut. Jedes Jahr werden landesweit etwa 90.000 Personen befragt. In Belgien verfügt man also seit rund 20 Jahren über die harmonisierte Arbeitslosenrate. Seit 2006 ist die Stichprobe der befragten Haushalte in der DG erhöht worden, um auch für das Gebiet der Deutschsprachigen Gemeinschaft über eine international vergleichbare Arbeitslosenquote zu verfügen.

b) Die Arbeitslosenzahlen der regionalen Arbeitsverwaltungen

Sowohl das Arbeitsamt der DG als auch die anderen öffentlichen Beschäftigungsdienste (das FOREM für die Wallonische Region, der VDAB für die Flämische Gemeinschaft und Actiris für die Region Brüssel-Hauptstadt) ermitteln und veröffentlichen die Zahl der nicht beschäftigten Arbeitsuchenden, hier auch Vollarbeitslose genannt (auf französisch Demandeurs d’emploi inoccupés – DEI).

Im Prinzip gilt für die Vollarbeitslosen ebenfalls die IAO-Definition. Es handelt sich um Personen, die ohne Beschäftigung sind, dem Arbeitsmarkt unmittelbar zur Verfügung stehen und aktiv eine Beschäftigung suchen.

Da es den Beschäftigungsdiensten in der Praxis allerdings kaum möglich ist, die beiden letzten Kriterien für jede Person zu überprüfen, werden die zur Verfügung stehenden administrativen Informationen genutzt. Das Kriterium „aktiv eine Beschäftigung suchen“ gilt daher schon als erfüllt, wenn eine Person beim Arbeitsamt als arbeitsuchend eingetragen ist. Das Kriterium „dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen“, gilt z.B. dann als nicht erfüllt, wenn ein Arbeitsloser einer Ausbildung folgt oder über eine Freistellung des Landesamtes für Arbeitsbeschaffung (LfA/ONEM) verfügt. Arbeitslose in Ausbildung zählen daher während der Dauer der Ausbildung nicht zu den Vollarbeitslosen. Bis Ende 2005 wurde die Verfügbarkeit darüber hinaus mit der sogenannten „Stempelkontrolle“ geprüft, die ab Januar 2006 jedoch durch einen elektronischen Datenaustausch mit den Trägern der Sozialsicherheit in Belgien ersetzt wurde. Aufgrund der Mitteilung z.B. des LSS, dass eine Person eine Arbeitsstelle angetreten hat, wird diese dann (im Prinzip) als Arbeitsloser gestrichen (siehe unter Punkt 3.3 „Abschaffung der Stempelkontrolle).

Im Gegensatz zur Definition der IAO kann aber eine Person, die eine Stunde pro Woche arbeitet, sehr wohl beim Arbeitsamt als Vollarbeitsloser registriert sein. Es liegt also auf der Hand, dass die Zahlen der Beschäftigungsdienste nicht mit denjenigen von Eurostat übereinstimmen, weil beiden abweichende Kriterien und Zählweisen zugrunde liegen.

Die Vollarbeitslosen umfassen folgende 4 Gruppen (Einteilung gültig seit 2006):

1. Arbeitsuchende Anwärter auf Arbeitslosengeld

Es handelt sich um nicht beschäftigte Arbeitsuchende, die Anspruch auf Arbeitslosen- oder Wartegeld haben, und die eine voll- oder teilzeitige Arbeitsstelle suchen.

In dieser Kategorie findet man:

  • Arbeitnehmer, deren Arbeitsvertrag beendet wurde; sie beziehen Arbeitslosengeld auf Grundlage ihrer Arbeitsleistungen
  • Jugendliche, die im Anschluss an die Berufseingliederungszeit eine Berufseingliederungszulage auf Basis des Studiums oder einer Lehre erhalten
  • ehemalige Teilzeitbeschäftigte (auf freiwilliger Basis), die nun vollarbeitslos geworden sind

2. Jugendliche Schulabgänger

Hier handelt es sich um nicht beschäftigte Jugendliche in der Berufseingliederungszeit nach ihrem Studium. Sie müssen ein Jahr lang eingeschrieben sein, bevor sie Anrecht auf Berufseingliederungszulage haben.

3. Sonstige (verpflichtend eingetragene) Arbeitsuchende

Unter diese Kategorie fallen im Wesentlichen:

  • Arbeitslose, die zeitweilig vom Bezug des Arbeitslosengeldes ausgeschlossen wurden (während der Dauer des Ausschlusses)
  • vom Öffentlichen Sozialhilfezentrum eingetragene Personen

4. Freiwillig eingetragene Arbeitslose

Hierunter fallen nicht-beschäftigte Arbeitsuchende, die kein Anrecht auf Arbeitslosengeld haben. Sie sind nicht verpflichtet, sich als Arbeitslose einzutragen, können es aber auf freiwilliger Basis tun. Die Einschreibung ist zeitlich befristet und muss daher vom Betroffenen regelmäßig bestätigt werden, wenn sie aufrecht erhalten werden soll.

Die Zahlen der regionalen Beschäftigungsdienste liegen also über denen des LfA /ONEM (siehe Punkt c), weil in ihnen zusätzlich zu den entschädigten Vollarbeitslosen auch die Arbeitsuchenden enthalten sind, die keine Leistungen oder Leistungen von anderen Organismen, wie den Öffentlichen Sozialhilfezentren oder den Einrichtungen für Personen mit Behinderung, beziehen.

c) Die Arbeitslosenzahlen des Landesamtes für Arbeitsbeschaffung LfA - ONEM

Das Landesamt für Arbeitsbeschaffung in Belgien (LfA /ONEM), das für die Auszahlung des Arbeitslosengeldes zuständig ist, ermittelt die Zahlen zu den entschädigten Arbeitslosen (chômeurs indemnisés).

Bei den entschädigten Arbeitslosen muss man wiederum unterscheiden zwischen zwei Gruppen: eine Gruppe steht dem Arbeitsmarkt zur Verfügung und ist daher bei den regionalen Beschäftigungsdiensten eingetragen (entschädigte Arbeitsuchende) und eine Gruppe, die dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung steht, wie etwa die aus Altersgründen oder familiär-sozialen Gründen Freigestellten, und die daher nicht (mehr) bei den Beschäftigungsdiensten eingetragen ist (nicht-arbeitsuchende Arbeitslose).

Die entschädigten Arbeitsuchenden entsprechen im Prinzip der Kategorie 1 der Vollarbeitslosen (siehe oben). Allerdings ermitteln die regionalen Beschäftigungsdienste jeweils den Stand der eingetragenen Arbeitsuchenden zum Monatsende, während das LfA die Zahl der Arbeitslosen zählt, die im Laufe des entsprechenden Monats Arbeitslosengeld erhalten haben, unabhängig davon ob dies nur an einem Tag oder den ganzen Monat der Fall war. Weitere Abweichungen zwischen beiden Zahlen können aufgrund der Prozeduren und Kontrollmechanismen des LfA entstehen, die gegebenenfalls zu einer zeitlichen Verzögerung der Erfassung führen.

 2. Arbeitslosenrate

Die Arbeitslosenrate bezeichnet das Verhältnis der Arbeitslosen zur aktiven Bevölkerung, d.h. zum Arbeitskräfteangebot einer Region.

Die aktive Bevölkerung (auch „Erwerbsbevölkerung“ genannt, siehe Erläuterungen weiter unten) wird in Belgien nach zwei unterschiedlichen Methoden ermittelt, so dass es zwei unterschiedliche Berechnungsweisen für die Arbeitslosenrate gibt:

a) Amtliche Arbeitslosenrate

Für die sogenannte amtliche Arbeitslosenrate berechnet das Arbeitsamt das Verhältnis der Vollarbeitslosen (Definition b) zur aktiven Bevölkerung laut administrativen Quellen, die jährlich von den regionalen statistischen Ämtern (IWEPS und Steunpunt WES) berechnet wird (siehe unten). Problematisch ist allerdings der Umstand, dass diese Zahlen erst mit einer nicht unerheblichen zeitlichen Verzögerung zur Verfügung stehen, so dass z.B. die Arbeitslosenrate vom Januar 2009 sich zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung auf die aktive Bevölkerung von 2006 bezieht. Die „definitive“ Arbeitslosenrate kann erst im Nachhinein ermittelt werden, wenn die Daten zur aktiven Bevölkerung aktualisiert wurden. Da sich die aktive Bevölkerung jedoch normalerweise nur allmählich verändert, hat diese Verzögerung im Allgemeinen für Ostbelgien „nur“ eine Abweichung von einigen zehntel Prozentpunkten zur Folge (und deutlich weniger auf Ebene der größeren Gebietskörperschaften).

b) Harmonisierte Arbeitslosenrate

Die von Eurostat ermittelte harmonisierte Arbeitslosenrate (die den IAO- bzw. BIT-Kriterien entspricht) setzt die Arbeitslosenzahl (Definition a) in Relation zur aktiven Bevölkerung laut Arbeitskräfteerhebung. Diese Zahlen basieren also auf Befragungsergebnissen, die auf die gesamte Bevölkerung hochgerechnet werden. Diese Daten stehen zwar zeitnah und trimestriell zur Verfügung, allerdings nur auf Ebene der Staaten und Regionen. Wenn Eurostat monatliche Arbeitslosenraten veröffentlicht, zieht es ebenfalls die amtlichen Zahlen zur Arbeitslosigkeit heran, um die Entwicklung der harmonisierten Arbeitslosenrate einzuschätzen.

3. Wichtige Anpassungen mit Auswirkung auf die Arbeitslosenstatistik (Zählweise, gesetzliche Änderungen, …)

 a) Landesweit

  • Ab Juli 2002 wurde die Altersgrenze für die Freistellung aus Altersgründen von der Arbeitsuche von 50 auf 58 Jahre angehoben (außer für über 50-Jährige, die seit mehr als 2 Jahren arbeitslos sind), was zu einem starken Anstieg der Anzahl Vollarbeitsloser über 50 Jahre geführt hat (und parallel dazu zu einem Rückgang der Anzahl der aus Altersgründen Freigestellten).  Ab Januar 2013 wurde die Altersgrenze auf 60 Jahre angehoben.
  • Ab Oktober 2004 ist die Möglichkeit für Personen, die einen gewissen Umfang an LBA-Stunden geleistet haben, sich von der Arbeitsuche freistellen zu lassen, abgeschafft worden. Diese Personen (in Ostbelgien rund 70 zum Zeitpunkt der Abschaffung) werden seitdem wieder als Vollarbeitslose geführt und müssen dem Arbeitsmarkt im Prinzip wieder zur Verfügung stehen.
  • In Übereinkunft mit dem Landesamt für Arbeitsbeschaffung (LfA/ONEM) wurde ab Anfang 2006 die Kategorie der „entschädigten Arbeitslosen“ in Belgien ersetzt durch die Kategorie „Arbeitsuchende Anwärter auf Arbeitslosengeld“. Diese umfasst sowohl die vormalige Gruppe der vollentschädigten Arbeitslosen als auch die Arbeitsuchenden, die auf Basis einer vorherigen Teilzeitarbeit entschädigt werden (und vor 2006 zu den „sonstigen Arbeitslosen" gezählt wurden). Bei Vergleichen mit den Vorjahren muss diese Anpassung berücksichtigt werden.
  • Abschaffung der Stempelkontrolle ab Januar 2006
    Die Stempelkontrolle hatte im Lauf der letzten Jahre ihre Kontrollfunktion für das LfA verloren, so dass von föderaler Seite aus beschlossen wurde, sie abzuschaffen. Für die regionalen Ämter, die über weniger alternative Kontrollmöglichkeiten als das LfA verfügen, war die monatliche Auswertung der Stempellisten hingegen ein wichtiges Instrument, um die Verfügbarkeit der Arbeitsuchenden zu kontrollieren. Wer an zwei aufeinanderfolgenden Stempeltagen fehlte, wurde gestrichen.

Mit der Abschaffung der Stempelkontrolle wurden die regionalen Ämter gezwungen, andere Lösungen zu entwickeln, um die Verfügbarkeit der Arbeitsuchenden zu erfassen. Es handelt sich dabei vornehmlich um technische Lösungen, die auf einem elektronischen Datenaustausch mit verschiedenen Einrichtungen der Sozialsicherheit beruhen. Im Einzelnen werden folgende Informationsquellen eingesetzt:

    • Dimona (LSS): Information über Antritt oder Beendigung einer Arbeitsstelle
    • Inami: Information über die von den Krankenkassen entschädigten Krankheitsperioden
    • Inasti: Information über Antritt oder Ende einer selbständigen Tätigkeit
    • LfA: Information über die Auszahlung von Arbeitslosengeld

Beim Arbeitsamt werden zusätzlich Informationen des Nationalregisters in Bezug auf Wohnsitz­wechsel verarbeitet, da diese Problematik in einem Grenzraum nicht zu vernachlässigen ist.

Aufgrund der Tatsache, dass die 4 benutzten Informationsquellen nicht für den Zweck der Kontrolle der Verfügbarkeit von Arbeitsuchenden entwickelt wurden, gestaltet sich die Verwertung der mitgeteilten Datenströme als sehr komplex. Auch muss berücksichtigt werden, dass z.B. für Personen, die im Ausland eine Arbeit finden, kein „positiver“ Datenstrom stattfindet (keine automatische Meldung einer Arbeitsaufnahme), sondern nur vom Fehlen einer Information (keine Auszahlung mehr von Arbeitslosengeld) auf eine Arbeitsaufnahme geschlossen werden kann.

Die vier regionalen Einrichtungen haben jeweils eigene Automatismen und Abläufe entwickelt, um entsprechend ihrer technischen Möglichkeiten die Verarbeitung dieser Datenströme umzusetzen. Auch wenn die groben Abläufe gemeinsam besprochen und beschlossen wurden, ist die Umsetzung im Detail abhängig von der jeweils eingesetzten Datenbankumgebung und so kann es zu Unterschieden in der Erfassung von Arbeitslosenzahlen zwischen den regionalen Arbeitslosenzahlen kommen (Beispiel: ab wann wird eine Zeitarbeitstätigkeit als Beschäftigungsperiode gezählt?). Auch ist die zeitliche Umsetzung von Neuentwicklungen oder Programmänderungen nicht immer identisch. Hinsichtlich Dimona arbeiten VDAB und Actiris darüber hinaus mit einem anderen Datenstrom als FOREM und ADG, so dass diesbezüglich ebenfalls Unterschiede auftreten können.

b) Deutschsprachige Gemeinschaft

  • Von 2001 bis etwa 2003 wurde ein deutlicher Anstieg der Eintragungen von Empfängern des Eingliederungseinkommens verzeichnet. Dies ist auf ein Kooperationsabkommen zwischen dem Arbeitsamt der Deutschsprachigen Gemeinschaft und den ÖSHZ der Deutschsprachigen Gemeinschaft zurückzuführen, in dem u.a. eine unbefristete Eintragung von ÖSHZ-Kunden beim Arbeitsamt vereinbart wurde, um Ausgrenzungs­bedrohten bessere Eingliederungschancen einzuräumen und das Erwerbspersonenpotenzial in Ostbelgien zu erhöhen. Nach dem erwähnten Zeitraum der Anpassung pendelte sich die Zahl der eingetragenen ÖSHZ-Kunden bis 2005 auf ca. 190 Personen ein, ist seitdem aber kontinuierlich wieder gesunken. Zwischen 2002 und 2006 war der Anteil der vom ÖSHZ eingetragenen Personen dadurch deutlich höher als in den anderen Landesteilen.
  • Vergleiche der Qualifikationsstruktur, sowohl im zeitlichen Verlauf als auch zwischen den Regionen, sind mittlerweile heikel geworden. Zum einen ist in Ostbelgien der Anteil an Personen, die über eine sonstige, d.h. meist im Ausland absolvierte Ausbildung verfügen, seit Ende der 90er Jahre auf über 22% angestiegen, während er z.B. in Wallonien nicht über 5% stieg. In Flandern integriert man diese Ausbildungen in die flämische Einteilung der Ausbildungsniveaus. Seit Ende 2006 wird auch in Ostbelgien versucht, ausländische Ausbildungen in die hiesigen Studienkodes zu integrieren. Dies läuft darauf hinaus, dass insbesondere der Anteil der Personen mit Lehrabschluss, mit Abiturniveau und Hochschulabschluss (aber nicht unbedingt in Belgien anerkannt oder gleichgestellt) angestiegen ist. Dennoch bleiben immer noch recht viele unklassierbare Ausbildungen übrig (12% sonstige Ausbildung/Ausland). Zum anderen ist auch die sogenannte „Bologna-Reform“ in punkto Klassifizierung ausländischer Diplome noch nicht einheitlich zwischen den Gemeinschaften umgesetzt worden.

4. Unterbeschäftigung

Die Vollarbeitslosigkeit stellt nur einen Teil der erwerbslosen Bevölkerung beziehungsweise des Beschäftigungs­potenzials einer Region dar. Um ein vollständigeres Bild des Beschäftigungspotenzials zu erhalten, muss man weitere Kategorien von Personen berücksichtigen, die man gemeinhin zur "Unterbeschäftigung" oder "Stillen Reserve" zählt. Hierzu kann man sowohl die aus diversen Gründen von der Arbeitsuche freigestellten Personen als auch z.B. verschiedene Personengruppen mit einer (zeitweilig) reduzierten Aktivität zählen. Eine komplette Erfassung all dieser Personengruppen erweist sich allerdings als schwierig, nicht zuletzt wegen zahlreicher Überschneidungen mit Beschäftigungskategorien.

Eine Möglichkeit, dieses Thema zu beleuchten, sind die LfA-Daten zur Anzahl Personen, die aufgrund von Arbeitslosigkeit oder aufgrund der Reduzierung von Arbeitsleistungen eine Entschädigung erhalten. Das LfA unterscheidet zwischen 3 Gruppen von Leistungsempfängern:

  • Gruppe 1: entschädigte Arbeitslose (arbeitsuchend oder nicht)
  • Gruppe 2: Personen, die eine Arbeit, eine Ausbildung oder andere Aktivitäten mit einer Entschädigung des LfA kombinieren
  • Gruppe 3: Personen, die von einer Möglichkeit der Arbeitszeitreduzierung Gebrauch machen

Diese Zahlen werden auf der Internet-Seite des LfA monatlich veröffentlicht.

5. Aktive Bevölkerung (Erwerbsbevölkerung)

 Als „Aktive“ bezeichnet man Personen über 15 Jahre, die in der Region ihren Wohnsitz haben und dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, d.h. die Beschäftigten und Arbeitslosen einer Region. Sie stellen zusammen das Arbeitskräftepotenzial einer Region dar.

Die Aktivitätsrate, die das Verhältnis der aktiven Bevölkerung zur gesamten Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter darstellt, ist eine wichtige Größe für die Arbeitsmarktpolitik, denn sie spiegelt die Beteiligung der Bevölkerung am Erwerbsleben wieder. Sie beinhaltet damit eine Verhaltenskomponente, die wiederum abhängig ist von individuellen Merkmalen und vom sozio-kulturellen und ökonomischen Umfeld.

Erwerbsquote (Aktivitätsrate)

= Erwerbsbevölkerung (aktive Bevölkerung) / Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (15 bis 64 Jahre)

Die aktive Bevölkerung wird in Belgien nach zwei unterschiedlichen Methoden ermittelt, die jeweils ihre Vor- und Nachteile bieten:

a) administrative Daten

Hier werden die Daten einmal pro Jahr aus verschiedenen administrativen Quellen, vorwiegend die Einrichtungen der sozialen Sicherheit (Arbeitnehmerzahlen laut LSS und LSSPLV, Selbständigenzahlen laut LISVS, Auspendler laut LIKIV, Arbeitslosenzahlen der regionalen Arbeitsverwaltungen…) zusammengetragen und nach einer komplexen Methode um Doppelzählungen bereinigt (etwa Personen, die sowohl Arbeitnehmer als auch nebenberuflich selbständig sind) und Lücken geschlossen.

Diese Berechnungen werden seit einigen Jahren von den beiden regionalen statistischen Instituten (Steunpunt Werk en Sociale Economie WSE in Flandern und IWEPS - Institut Wallon de l’Evaluation, de la Prospective et de la Statistique in Wallonien) vorgenommen. Im Laufe der Jahre sind – unter anderem aufgrund der verbesserten Verfügbarkeit gewisser Daten - methodologische Änderungen vorgenommen worden, die die Vergleichbarkeit der Daten über die Jahre hinweg beeinträchtigen. Auch arbeiten beide Institute erst seit 2006 nach einer völlig identischen Methode. Ausführliche Beschreibungen der verwendeten Methodik, wie auch der Konzepte und Unterschiede zur Methode der Arbeitskräfteerhebungen, sind auf den Internetseiten der beiden Institute zu finden.

Ein wesentlicher Vorteil dieser Daten besteht darin, dass sie bis auf Ebene einzelner Gemeinden ermittelt werden und damit auch für Ostbelgien vorliegen.

b) Befragungsdaten (gemäß IAO-Standard)

Eine andere Quelle zur Ermittlung der aktiven Bevölkerung ist die europaweit durchgeführte Arbeitskräfteerhebung, die von EUROSTAT koordiniert und von den nationalen statistischen Ämtern durchgeführt wird. Die auf diesem Wege ermittelte Zahl zur aktiven Bevölkerung ergibt sich also aus der Hochrechnung eines Stichprobenergebnisses und dient EUROSTAT u.a. zur Ermittlung der harmonisierten Arbeitslosenrate (Arbeitslosenrate laut IAO- bzw. BIT-Kriterien) oder der Aktivitätsrate der einzelnen Staaten und Regionen.

In diesem Sinne wird jeder, der die IAO-Bedingungen für die Zurechnung zu den Erwerbstätigen (Arbeitnehmer oder Selbständige, siehe unten) oder den Arbeitslosen (siehe oben) erfüllt, zu den Aktiven gerechnet.

Vorteil dieser Zählweise ist ihre internationale Vergleichbarkeit, da sie nicht von den gesetzlichen Rahmenbedingungen der einzelnen Länder abhängt. Auf der anderen Seite sind auch mit Befragungsresultaten eine Reihe von Unsicherheiten und Ungenauigkeiten verbunden.

 6. Beschäftigte (Erwerbstätige)

Als Beschäftigte oder Erwerbstätige gelten alle Personen über 15 Jahre einer Region, die während der Referenzperiode mindestens eine Stunde gearbeitet haben, sei es als bezahlter Arbeitnehmer oder als Selbständiger bzw. als Gehilfe eines Selbständigen.

Die Beschäftigungs- oder Erwerbstätigenquote ergibt sich aus dem Verhältnis der Beschäftigten zur gesamten Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter und misst damit die effektiv realisierte Beschäftigung.

Erwerbstätigenquote (Beschäftigungsrate)

= Beschäftigung / Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter (15 bis 64 Jahre)

Auch hier gibt es die beiden bereits erwähnten Erfassungsmethoden (administrative Quelle oder Arbeitskräfteerhebung), die aufgrund der unterschiedlichen zugrunde liegenden Konzepte und Zählweisen zu unterschiedlichen Zahlen gelangen.

Aktive Bevölkerung

[1] Resolution betreffend die Statistiken über die aktive Bevölkerung, die Beschäftigung, die Arbeitslosigkeit und die Unterbeschäftigung, angenommen durch die 13. Internationale Konferenz der Arbeitsstatistiker (Oktober 1982).

[2] Auf Französisch „Enquête sur les forces de travail“ (EFT), auf Englisch „Labour force survey“ (LFS)

[3] Das frühere Nationale Amt für Statistik (INS)

Links
Weitere Links
DGstat - das Statistikportal der Deutschsprachigen Gemeinschaft
Le Forem - Dienst für Ausbildung und Beschäftigung der Wallonischen Region
VDAB - Flämischer Dienst für Vermittlung und Ausbildung
Actiris - Dienst der Region Brüssel für Arbeitsvermittlung


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